Der Deserteur

Der Deserteur“ blickt auf das Ende eines Krieges, der mehr hinterlässt als zerstörte Städte. Zwischen Rückzug, Schuld und Stille rückt ein Raum ins Zentrum, in dem es kein Schwarz-Weiß mehr gibt. Der Film knüpft an eine Tradition an, in der das Nachbeben größer wirkt als der Einschlag selbst. Diese Erzählweise verlangt nicht nach Erklärung, sondern nach Genauigkeit im Zwischenton.

Der Deserteur
Dauer: 93 Min.
FSK: 12 (DE)
Jahr: 2025
Kategorien: Drama
Regie: Christoph Baumann
Hauptdarsteller: Sebastian D. Fischer, Anna Kaminski, Sandro Kirtzel
Nebendarsteller: Nora C. Pichler, Lana-Mae Lopičić, Tom Kreß
Studio: CHR Filmproduktion

Ein desertierter SS-Soldat trifft in den Tiroler Bergen auf eine jüdische Frau und ein Bauernmädchen. Gemeinsam versuchen sie, die letzten Kriegstage zu überstehen. Ihr Alltag wird vom Nahen der Front und von der Vergangenheit jedes Einzelnen geprägt. Als ein Mann auftaucht, der alte Rechnungen begleichen will, entsteht eine neue Dynamik. Was bleibt von Nähe, wenn Wahrheit und Gewalt zur gleichen Zeit zurückkehren?

Besetzung, Regie und Drehorte

Der Deserteur“ ist ein deutsches Drama aus dem Jahr 2024 mit einer Laufzeit von 96 Minuten. Die Altersfreigabe liegt bei FSK 12. Regie führte Christoph Baumann, das Drehbuch stammt von Christiane Heckes. Die Kameraarbeit übernahm Christian „Spanier“ Weischer, die Musik komponierte Elias Mierbeth. Produziert wurde der Film von Julia Jückstock und Christoph Baumann unter der CHR Filmproduktion. Der Vertrieb erfolgt in Deutschland unter Schmiedbauer-Film. Die Dreharbeiten fanden zwischen Juli und Oktober 2022 in Bayern und Österreich statt. Das Budget lag bei 400.000 Euro.

Die Hauptrolle spielt Sebastian Fischer als desertierter Soldat. Anna Kaminski verkörpert eine untergetauchte Jüdin. Sandro Kirtzel übernimmt die Rolle eines ehemaligen Kameraden. Lana-Mae Lopičić spielt ein Bauernmädchens und Nora C. Pichler ist als junger SS-Soldat zu sehen. Tom Kreß stellt einen toten Wehrmachtsoldaten dar.

Der Film lief auf zahlreichen internationalen Festivals wie dem WorldFest Houston, dem Sarajevo International Film Festival und dem Tokyo Lift-Off. Er gewann unter anderem den Audience Favorite Award beim BOCA International Jewish Film Festival und den Camgaroo Award für den besten Spielfilm. Zudem erhielt er den Special Jury Award in Houston und wurde in Berlin als Best Narrative Feature ausgezeichnet.

Handlung & Inhalt vom Film „Der Deserteur“

Im Mai 1945 zieht sich der Krieg langsam aus den Tiroler Alpen zurück. Der verletzte SS-Soldat Anton schleppt sich durch die Berge, bis er auf eine abgelegene Alm stößt. Dort versteckt sich Hannah, eine jüdische Frau, die den Krieg überlebt hat. Trotz tiefem Misstrauen hilft sie ihm, versorgt seine Wunden und teilt mit ihm die wenigen Vorräte. Unterstützt werden sie von Charlotte, einem jungen Bauernmädchen. Während draußen noch gekämpft wird, versuchen die drei, ihren Alltag zu meistern. Die Stille der Berge steht im Kontrast zu dem, was sie innerlich bewegt.

Zwischen Hannah und Anton entsteht mit der Zeit ein brüchiges Band. Beide tragen schwere Lasten, doch sie öffnen sich langsam. Hannah lebt mit der Angst, erneut alles zu verlieren. Anton kämpft mit seiner Vergangenheit als Mitglied der SS. Ihre Gespräche bringen düstere Wahrheiten ans Licht. Er war nicht nur Soldat, sondern Teil eines Systems, das für Grauen steht. Die Offenbarungen lassen Hannah zweifeln, doch sie erkennt auch, dass Anton sich verändert hat. Sie steht vor der Frage, ob Nähe zu einem ehemaligen Täter überhaupt möglich sein kann.

Die letzte Prüfung vor dem Frieden

Die angespannte Ruhe endet, als Georg erscheint. Er war Antons Freund und hat ihn einst angeschossen. Nun ist er vom Krieg gezeichnet, von Wut zerfressen und bereit, alles zu zerstören. Seine Ankunft bringt die fragile Ordnung ins Wanken. Hannah, Anton und Charlotte geraten erneut in Gefahr. Es stellt sich nicht mehr nur die Frage, wie man überlebt, sondern wofür. Der Krieg endet, aber der Schmerz bleibt. Die letzten Tage auf der Alm werden zur Prüfung für alle, die dort Zuflucht gesucht haben.

Fazit & Kritiken zum Film „Der Deserteur“

Der Deserteur“ fängt mit einem gedämpften Knall an, nicht mit Bombast. Die erste Begegnung zwischen Hannah und Anton wirkt roh, fast dokumentarisch. Schon diese wenigen Minuten zeichnen den Zwiespalt zwischen Schuldbewusstsein und Überlebensdrang. Ich spürte sofort, dass der Film keinen bequemen Weg wählt. Spärliche Dialoge lassen Luft für eigene Gedanken. Dadurch entsteht sehr schnell stille Spannung.

Besonders hängen blieb eine Szene, in der Charlotte heimlich Brot verteilt. Kamera verharrt kurz, während knisterndes Holz die Stille zerreißt. So entstehen Spannungsmomente ohne Blut, doch mit spürbarer Gefahr. Später gesteht Anton sein SS-Hintergrund unter flackerndem Lampenlicht. Hannahs Blick schwankt zwischen Ekel, Mitgefühl und einem kaum zugelassenen Funken Hoffnung. Dieser Moment wirkt heftiger als mancher Showdown moderner Kriegsfilme. Als Anton ein Kinderlied summt, bricht plötzlich verletzliche Ruhe herein. Diese kurze Melodie sagt mehr als jede Entschuldigung.

Trotz starker Szenen trägt das minimalistische Tempo nicht immer. Georgs spätes Auftauchen bringt zwar Druck, wirkt jedoch kurz angerissen. Sein Hass verengt die Welt auf einen einzigen Schuss. Dennoch bleibt die moralische Frage nach Vergebung lange im Kopf. Baumanns Finale setzt auf leise Gesten, keinen pathetischen Knall. Genau darin liegt für mich die Stärke des Film. Er zeigt, wie schwer Versöhnung wiegt, selbst wenn Waffen schweigen.

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