Die Familie

Jugendliche Rebellion trifft auf therapeutische Ordnung – „Die Familie“ bewegt sich zwischen Drama und Thriller. Der Film nutzt die vertraute Kulisse elterlicher Überforderung und paart sie mit der Stille des polnischen Eulengebirges. In dieser Konstellation entstehen Spannungen, die persönliche Grenzen und moralische Vorstellungen herausfordern. Der Titel deutet auf Nähe hin, doch was entsteht, ist eine fragile Form von Zugehörigkeit.

Die Familie
Dauer: 92 Min.
Jahr: 2017
Kategorien: Thriller
Regie: Constanze Knoche
Produzenten: Leis Bagdach
Hauptdarsteller: Godehard Giese, Karin Hanczewski, Şiir Eloğlu
Nebendarsteller: Alma Leiberg, Stephanie Amarell, Mirosław Baka, Claudia Geisler-Bading
Studio: Neufilm GmbH, ZDF, Cinelight, Avantgarde Productions

Im Mittelpunkt steht Isabell, sechzehn Jahre alt und voller Widerstand gegen ihre Umgebung. Ihre Mutter Jule sieht keinen anderen Ausweg und meldet sie zu einem abgelegenen Selbstfindungskurs an. Dort leiten Einar und Meret eine Gruppe junger Menschen in gemeinsamer Isolation. Was harmlos beginnt, verändert sich schnell. Nähe, Vertrauen und Kontrolle vermischen sich auf irritierende Weise. Wohin führt Isabells Suche nach Orientierung?

Besetzung, Regie und Drehorte

Der Thriller „Die Familie“ unter der Regie von Constanze Knoche wurde 2017 veröffentlicht und am 23. Oktober erstmals im ZDF ausgestrahlt. Das Drehbuch schrieb sie gemeinsam mit Leis Bagdach, der zugleich als Produzent fungierte. Gedreht wurde zwischen Juli und August 2016 in den Góry Sowie (Eulengebirge) in Polen. Der 90 Minuten lange Fernsehfilm gehört zur ZDF-Reihe „Stunde des Bösen“ und entstand als deutsch-polnische Koproduktion im Rahmen von „Das kleine Fernsehspiel“. Die Kameraarbeit übernahm Andreas Bergmann, der Schnitt stammt von Andrew Bird, die Musik komponierte Felix Andriessens.

Stephanie Amarell verkörpert Isabell und erhielt 2018 beim Festival Türkei/Deutschland den Preis für die Beste Hauptdarstellerin. Sie wurde außerdem für den Deutschen Schauspielpreis nominiert. In weiteren Rollen spielen Karin Hanczewski als Jule, Godehard Giese als Einar, Claudia Geisler-Bading als Meret, Emma Drogunova als Tereza, Alma Leiberg als Saskia, Leon Ullrich als Tobi, Şiir Eloğlu als Marie und Berit Künnecke als Susanne. Die internationale Fassung trägt den Titel „Under the Family Tree“ und wurde 2019 auch in Polen veröffentlicht.

Handlung & Inhalt vom Film „Die Familie“

Isabell, 16 Jahre alt, lebt mit ihrer Mutter Jule, mit der sie regelmäßig in Konflikt gerät. Um Abstand zu gewinnen, meldet Jule sie in den Sommerferien zu einem Selbstfindungsseminar an. Geleitet wird dieses von dem Ehepaar Einar und Meret, die ihre Gruppensitzungen abgeschieden im polnischen Eulengebirge veranstalten. Isabell fühlt sich anfangs unwohl und wenig motiviert, doch nach und nach öffnen sich erste Gespräche. Die Dynamik in der Gruppe wirkt auf sie ein, die gemeinsame Isolation beginnt, ihr Denken zu verändern. Besonders Einar gewinnt ihr Vertrauen, was bald zu einer gefährlichen Nähe führt.

Während Isabell in der Gruppe auftaut und sich mit anderen Jugendlichen wie Tobi und Tereza austauscht, entwickelt sie nach und nach ein besonderes Verhältnis zu Einar. Die Gespräche mit ihm geben ihr Halt, doch gleichzeitig verschwimmen dabei immer stärker die emotionalen Grenzen. Schließlich erschüttert ein Fund die Gruppe: Saskia, ebenfalls Teilnehmerin, wird leblos im Wald entdeckt. Obwohl die Umgebung zuvor als heilsam erschien, bekommt sie nun eine spürbar bedrohliche Stimmung. Für Isabell beginnt daraufhin eine emotionale Zerreißprobe zwischen Misstrauen, Schuldgefühlen und Verwirrung. Was zunächst als therapeutisches Sommercamp beginnt, endet für sie schließlich in einem düsteren Spiel aus Nähe, Manipulation und Gefahr.

Fazit & Kritiken zum Film „Die Familie“

Die Familie“ setzt auf ein intensives Kammerspiel, das durch klaustrophobische Gruppendynamiken Spannung aufbaut. Die Inszenierung nutzt die Abgeschiedenheit der Landschaft, um emotionale Isolation greifbar zu machen. Besonders in den Szenen zwischen Isabell und Einar entstehen Spannungsfelder, die das Machtverhältnis schleichend verschieben. Dabei bleibt die Perspektive konsequent bei Isabell, was ihre Orientierungslosigkeit glaubhaft transportiert.

Problematisch wirkt jedoch die Entwicklung einzelner Nebenfiguren, deren Verhalten oft klischeehaft bleibt. Die Gruppentherapie verliert dadurch an Tiefe, weil zentrale Konflikte nicht konsequent ausformuliert werden. Auch der Spannungsbogen rund um den Todesfall baut sich nur zögerlich auf. Die dramaturgische Gewichtung verschiebt sich zu spät, wodurch das Finale seine Wirkung nur eingeschränkt entfalten kann. Trotzdem gelingt es dem Film, eine latente Unruhe durch viele kleine Andeutungen aufrechtzuerhalten.

Stark bleibt das Zusammenspiel von Nähe und Kontrolle, das sich zwischen Therapeut und Schülerin langsam verdichtet. Die Kamera hält bewusst Distanz, doch einzelne Szenen brechen diese bewusst. Vor allem in Momenten der physischen Annäherung entstehen Fragen nach Grenzverletzungen. Der Film stellt sie unkommentiert in den Raum und konfrontiert mit Ambivalenz, statt schnelle Antworten zu liefern.

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