The Life of Chuck
In „The Life of Chuck“ kreuzen sich das Ende der Welt und das eines Menschen – nicht als Metapher, sondern als Erzählkonstruktion. Die Tragikomödie von Mike Flanagan wagt ein ungewöhnliches Experiment und stellt eine Biografie rückwärts dar. Was vordergründig wie ein erzählerischer Kniff wirkt, entwickelt Schritt für Schritt eine eigene emotionale Logik.

Dauer: | 110 Min. |
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FSK: | 12 (DE) |
Jahr: | 2025 |
Kategorien: | Drama, Komödie |
Regie: | Mike Flanagan |
Produzenten: | Mike Flanagan, Trevor Macy |
Hauptdarsteller: | Tom Hiddleston, Jacob Tremblay, Benjamin Pajak |
Nebendarsteller: | Cody Flanagan, Nick Offerman, Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan |
Studio: | Intrepid Pictures, Red Room Pictures, QWGmire |
Ein Mann stirbt, während die Sterne verschwinden. Eine Liebeserklärung fällt im Moment des Endes. Davor tanzt derselbe Mann spontan auf offener Straße, früher verliebt er sich, noch früher verliert er alles. „The Life of Chuck“ folgt einer Biografie von hinten nach vorn – nicht linear, sondern schichtweise. Kann man ein Leben rückwärts verstehen?
Besetzung, Regie und Drehorte
„The Life of Chuck“ ist eine US-amerikanische Tragikomödie aus dem Jahr 2024 unter der Regie von Mike Flanagan. Das Drehbuch stammt ebenfalls von Flanagan, basierend auf einer Kurzgeschichte von Stephen King. Tom Hiddleston übernimmt die Hauptrolle des Buchhalters Charles „Chuck“ Krantz, dessen Leben rückwärts erzählt wird. Weitere Rollen spielen Chiwetel Ejiofor als Marty Anderson, Karen Gillan als Felicia Gordon, Carl Lumbly als Sam Yarbrough sowie Matthew Lillard als Gus Wilfong. Heather Langenkamp, David Dastmalchian und Rahul Kohli sind in weiteren Rollen zu sehen. Nick Offerman tritt als Erzähler im letzten Akt auf.
Die Dreharbeiten begannen am 16. Oktober 2023 in den Countys Baldwin und Mobile in Alabama. Kameramann Eben Bolter setzte auf unterschiedliche Bildformate und Farbpaletten, um die Episodenstruktur visuell zu unterstützen. Die Produktion wurde unabhängig finanziert und erhielt eine Ausnahmeregelung von der SAG-AFTRA. Die Newton Brothers komponierten die Musik, den Schnitt übernahm Mike Flanagan selbst. Nach Abschluss der Dreharbeiten am 17. November 2023 wurde der Film beim Toronto International Film Festival am 6. September 2024 uraufgeführt.
Der Film gewann dort den Publikumspreis. „The Life of Chuck“ lief ab dem 6. Juni 2025 in den USA und ab dem 24. Juli 2025 in den deutschen Kinos. Mit einer FSK-Freigabe ab 12 Jahren und einer Laufzeit von 111 Minuten richtet er sich an ein breites Publikum. Bei den Astra Midseason Movie Awards erhielt er mehrere Nominierungen und wurde in vier Kategorien als Zweitplatzierter genannt, darunter Best Picture und Best Director. Weltweit spielte der Film rund 10,4 Millionen Dollar ein.
Handlung & Inhalt vom Film „The Life of Chuck“
Als Kind verliert Chuck Krantz beide Eltern bei einem Unfall. Fortan lebt er bei seinen Großeltern Albie und Sarah. Während Sarah ihm das Tanzen beibringt und ihm Mut macht, versinkt Albie zunehmend in Alkohol. Er verbietet Chuck, den geheimnisvollen Turm im Haus zu betreten. In der Schule beschäftigt sich Chuck mit Walt Whitmans Satz „I contain multitudes“. Seine Lehrerin erklärt ihm, dass Menschen viele Erinnerungen in sich tragen. Als Sarah plötzlich stirbt, sucht Chuck Halt und findet ihn im Tanzclub der Schule. Dort entwickelt er sich zu einem der besten Tänzer.
Beim Herbstball tanzt Chuck mutig mit Cat McCoy, in die er heimlich verliebt ist. Obwohl sie vergeben ist, küsst sie ihn schließlich. Nach dem Ball tanzt Chuck alleine draußen und verletzt sich dabei an der Hand. Diese Narbe bleibt als Erinnerung. Als Albie stirbt, bleibt der Teenager alleine im Haus zurück. Seine Großeltern aus Omaha helfen ihm übergangsweise. Mit dem Schlüssel zum Turm wagt er sich schließlich hinein. Dort sieht er sich selbst im Krankenbett als Erwachsener. Obwohl ihn diese Erscheinung beunruhigt, beschließt er, sein Leben bewusst und ohne Angst zu leben.
Ein Tanz für die Ewigkeit
Einige Jahre später arbeitet Chuck als Buchhalter. In einem Moment voller Spontanität tanzt er auf der Straße zu den Klängen eines Straßenmusikers namens Taylor. Janice, die gerade verlassen wurde, schließt sich ihm an. Gemeinsam tanzen sie vor einer begeisterten Menge. Chuck verspürt eine tiefe Freude, obwohl ihn plötzlich Kopfschmerzen plagen. Nach dem Tanz helfen sie Taylor beim Einpacken. Obwohl Taylor vorschlägt, ein reisendes Trio zu gründen, lehnen Chuck und Janice ab. Die drei verabschieden sich herzlich. Der Moment bleibt Chuck lange im Gedächtnis.
In den folgenden Monaten spürt Chuck, wie sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Er denkt oft an den Tag mit Taylor zurück. Für ihn wird dieser Augenblick zu einem Sinnbild dafür, dass das Leben aus kleinen, bedeutsamen Momenten besteht. Er glaubt, dass Gott vielleicht nur für diesen Tag die Welt erschaffen hat. Währenddessen bereitet sich sein Umfeld auf ein nahendes Ende vor. Plötzlich beginnen auf der ganzen Welt seltsame Dinge zu geschehen, begleitet von Bildern mit Chucks Gesicht und der Botschaft „Thanks, Chuck!“.
Während die Welt im Chaos versinkt, liegt Chuck im Sterben. Seine Frau Ginny und sein Sohn Brian wachen an seinem Bett. Zeitgleich gesteht Marty seiner Ex-Frau Felicia seine Liebe. Dann endet das Universum – so, wie Chuck es zuvor gesehen hatte. Sein Leben, mit all seinen Erinnerungen, Momenten und Verbindungen, war die Grundlage für alles. Die Sterne verschwinden, während Ginny ihm noch einmal leise zuflüstert: „39 great years. Thanks, Chuck.“
Fazit & Kritiken zum Film „The Life of Chuck“
„The Life of Chuck“ nutzt seinen Rückwärtsaufbau nicht als Gimmick, sondern zwingt das Publikum dazu, Verlust, Erinnerung und Identität aus einer ungewohnten Perspektive zu betrachten. Besonders im letzten Akt gelingt das überraschend konsequent. Wenn Marty und Felicia im Angesicht des drohenden Nichts schweigen, bleibt das Bild lange hängen. Die Apokalypse entsteht nicht durch äußere Bedrohung, sondern durch das Verlöschen einer einzelnen Biografie. Diese Umkehr der Maßstäbe verleiht der Erzählstruktur eine ungewohnte Klarheit.
Doch nicht alle Teile wirken gleich überzeugend. Der mittlere Abschnitt greift Motive der Selbsterkenntnis auf, ohne sie konsequent weiterzuführen. Die Szene mit dem spontanen Straßentanz lebt vom Moment, verliert aber an Wirkung, sobald Chuck danach ins Grübeln verfällt. Das Verhältnis zwischen Figuren und Idee bleibt unausgewogen. Taylor bleibt rein funktional, Janice verschwindet ohne weiteres Echo. Hier verschenkt der Film die Chance, Beziehungen länger auszuspielen. Was als befreiender Ausbruch beginnt, wird zu beiläufigem Symbol.
Am stärksten wirkt der Film, wenn er klein bleibt. Chucks Moment auf dem Schulball, sein Blick in den Turm, die letzten Sekunden im Bett – diese Szenen verdichten sich zu etwas Echtem. Der Film braucht keine großen Aussagen. Wenn jemand „Ich liebe dich“ sagt, während die Welt erlischt, ist das schlicht genug.