Memoiren einer Schnecke

Memoiren einer Schnecke“ reiht sich in eine Tradition erzählerisch mutiger Animationsfilme ein, die das Persönliche ins Zentrum stellen. In einem Werk voller handgefertigter Details verschränken sich Erinnerungen, Verluste und seltene Glücksmomente zu einem dichten Geflecht. Die klare Gestaltung lenkt den Blick auf Figuren, deren Verletzlichkeit den Rhythmus der Handlung prägt.

Memoiren einer Schnecke
Dauer: 94 Min.
FSK: 12 (DE)
Jahr: 2024
Kategorien: Animation
Regie: Adam Elliot
Produzenten: Adam Elliot, Liz Kearney
Hauptdarsteller: Sarah Snook, Kodi Smit-McPhee, Jacki Weaver
Nebendarsteller: Magda Szubanski, Dominique Pinon, Tony Armstrong, Paul Capsis
Studio: Arenamedia, MIFF Premiere Fund

Die Geschichte folgt Grace, deren Kindheit in Melbourne nach dem Tod des Vaters auseinanderbricht. Während Gilbert in eine harte, entbehrungsreiche Umgebung gerät, wächst Grace in stiller Einsamkeit auf. Freundschaften und Beziehungen hinterlassen Spuren, doch sie tragen auch neue Brüche in ihr Leben. Wird ein plötzlicher Wendepunkt genügen, um lange Jahre des Getrenntseins zu überwinden?

Besetzung, Regie und Drehorte

Memoiren einer Schnecke“ ist ein australischer Stop-Motion-Animationsfilm aus dem Jahr 2024 unter der Regie von Adam Elliot, der auch das Drehbuch schrieb. Die Produktion übernahmen Elliot und Liz Kearney. Für die visuelle Gestaltung war Gerald Thompson an der Kamera verantwortlich, während Bill Murphy den Schnitt übernahm. Die Musik komponierte Elena Kats-Chernin. Die Synchronbesetzung umfasst Eric Bana als James The Magistrate, Sarah Snook als Grace Pudel, Kodi Smit-McPhee als Gilbert Pudel, Dominique Pinon als Percy, Jacki Weaver als Pinky, Nick Cave als Bill Clarke, Magda Szubanski als Ruth, Adam Elliot als Denise Floyd und Bernie Clifford als Owen.

Die Entwicklung des Films erstreckte sich über acht Jahre. Die Dreharbeiten fanden im Mai 2023 in Melbourne statt. Die Premiere erfolgte am 10. Juni 2024 beim Annecy International Animation Film Festival, wo der Film den Cristal Award als bester Langfilm erhielt. Es folgten zahlreiche Festivalauftritte und mehrere Auszeichnungen, unter anderem beim Sitges Film Festival und beim BFI London Film Festival. In Australien startete der Film im Oktober 2024, gefolgt von einer Veröffentlichung in den USA.

„Memoiren einer Schnecke“ erhielt internationale Anerkennung und wurde für den Oscar in der Kategorie Bester Animationsfilm nominiert. Die FSK-Freigabe liegt bei 12 Jahren, die Laufzeit beträgt 94 Minuten. Das Budget betrug 4,5 Millionen US-Dollar, das weltweite Einspielergebnis lag bei 7,6 Millionen. Der Film erhielt zudem Nominierungen bei den Golden Globes, den Critics’ Choice Awards und den Annie Awards.

Handlung & Inhalt vom Film „Memoiren einer Schnecke“

Grace Pudel wächst in den 1970er-Jahren in Melbourne mit ihrem Zwillingsbruder Gilbert und ihrem französischen Vater Percy auf. Percy, ein ehemaliger Jongleur, ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt und alkoholkrank. Die Mutter starb bei der Geburt, und Grace pflegt ein besonderes Hobby: Sie sammelt Schnecken, eine Verbindung zu ihrer verstorbenen Mutter. Gilbert beschützt sie vor Hänseleien wegen ihrer Lippenfehlbildung. Trotz der schwierigen Umstände erleben die Zwillinge eine enge und liebevolle Kindheit. Dieses Band wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als Percy an Schlafapnoe stirbt.

Nach Percys Tod werden die Geschwister getrennt und in Pflegefamilien untergebracht. Grace landet in Canberra bei Ian und Narelle, die freundlich, aber oft abwesend sind. Gilbert kommt zu einer fundamentalistischen Farmerfamilie in Perth, angeführt von der strengen Ruth, die ihn misshandelt. Briefe von Gilbert halten Graces Hoffnung auf ein Wiedersehen am Leben. Doch in Canberra zieht sich Grace zurück, meidet soziale Bindungen und steigert sich in ihre Sammelleidenschaft für Schneckenartikel. Ihre Isolation verstärkt sich, und sie verliert den Blick für andere Möglichkeiten.

Schicksalsschläge und Verluste

In ihrer Jugend freundet sich Grace mit Pinky an, einer älteren und zugleich exzentrischen Frau, die trotz vieler Rückschläge dennoch optimistisch bleibt. Als Ian und Narelle schließlich fortziehen, wird Pinky ihre Pflegemutter und unterstützt sie während der Pubertät. Gilbert erträgt derweil weiterhin Misshandlungen, doch immerhin steht ihm einzig der jüngste Sohn Ben freundlich zur Seite. Grace findet schließlich in Ken, einem Nachbarn, einen Partner, und die Beziehung mündet in eine Verlobung, doch kurz vor der Hochzeit erreicht sie die Nachricht von Gilberts angeblichem Tod nach einem verheerenden Brand.

Graces Leben gerät dadurch erneut aus der Bahn, und sie verfällt tiefer in Depression, während sie weiter Schneckenartikel hortet und schließlich entdeckt, dass Ken sie absichtlich überfüttert hat. Die Ehe scheitert, und Pinky bleibt ihre einzige Stütze. Kurz darauf erkrankt Pinky an Alzheimer, weshalb Grace ihre Pflege übernimmt. Nach Pinkys Tod findet Grace zwischen deren Kartoffelpflanzen eine Schachtel mit Ersparnissen und einem Brief, und die Worte ermutigen sie, sich von ihrer Vergangenheit zu lösen. Daraufhin verbrennt Grace ihre Sammlung, behält jedoch eine Mütze, die Percy einst für sie gemacht hat.

Ein Jahr später lebt Grace ein geordnetes Leben und arbeitet als Stop-Motion-Animatorin. Bei einer Vorführung ihres Kurzfilms erscheint überraschend Gilbert, der den Brand überlebt hat. Die Geschwister fallen sich in die Arme und verbringen wieder Zeit zusammen. Schließlich erfüllen sie Percys letzten Wunsch: Sie verstreuen seine Asche auf einer Achterbahn im Luna Park, einem Ort voller Kindheitserinnerungen. Mit neuer Zuversicht beginnen sie, ein gemeinsames Leben ohne die Schatten der Vergangenheit zu führen.

Fazit & Kritiken zum Film „Memoiren einer Schnecke“

Memoiren einer Schnecke“ setzt auf eine klare und ungeschönte Darstellung von Isolation und Selbstsuche. Adam Elliot verbindet humorvolle Zwischentöne mit harten Lebensbrüchen und schafft so eine vielschichtige Erzählung. Besonders Graces zwanghaftes Sammeln von Schneckenartikeln verdeutlicht eindringlich den Rückzug in eine kontrollierbare Welt. Diese Genauigkeit verleiht einzelnen Momenten eine spürbare Intensität.

Die Figur Pinky bringt Wärme, doch ihre Vergangenheit und Krankheit legen immer wieder eine Schwere über die Handlung. Gilbert erlebt in seiner Pflegefamilie Gewalt und Ausgrenzung, wodurch die Geschichte an Härte gewinnt. Die Szenen mit Ken verdeutlichen, wie Vertrauen durch verborgene Absichten zerstört werden kann. Der Film meidet einfache Lösungen und zeigt Brüche, die nicht vollständig heilen.

„Memoiren einer Schnecke“ endet mit einem Wiedersehen, das Hoffnung schenkt, ohne alte Verletzungen zu tilgen. Die Achterbahnszene im Luna Park schließt den Bogen zu gemeinsamen Kindheitserinnerungen. Diese Entscheidung wirkt zurückhaltend und zugleich konsequent. Der Film bleibt durch seine präzise Figurenführung präsent und überzeugt, weil er seine Themen konsequent und ohne falsche Versöhnung behandelt.

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